Systemoptimierung vs. Systemüberwindung: warum kontinuierliche Verbesserung echten Innovationen im Weg steht

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Systemoptimierung vs. Systemüberwindung: warum kontinuierliche Verbesserung echten Innovationen im Weg steht
von
Peter Busse
5
min
June 29, 2023
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Zusammenfassung
  • Organisationsentwicklung ist sowohl auf kontinuierliche Verbesserung als auch auf radikale Veränderung angewiesen, um langfristigen Erfolg sicherzustellen.
  • Während viele kleine Optimierungen effektiv sein können, erfordern echte Innovationen immer den Mut und die Bereitschaft, Bestehendes in Frage zu stellen.
  • Transformation erfordert neben dem Hinterfragen von bestehenden Konstanten, das Schaffen von Freiräumen für neue Ideen und Möglichkeiten zum Erlernen neuer Fähigkeiten.

Dieser Artikel ist Teil einer Reihe, die sich mit den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Dynamiken befasst und die Konsequenzen für Menschen, Marken und Organisationen beleuchtet.

Übersicht zur Artikelreihe
  1. Warum der Geschäftserfolg von gestern und die operative Hektik von heute dein Unternehmen in Gefahr bringen
  2. Systemoptimierung vs. Systemüberwindung: warum kontinuierliche Verbesserung echten Innovationen im Weg steht
  3. Wie die Systemüberwindung gelingt: vom Optimierungswahn zur strategischen Überzeugung
  4. Die Erfolgskriterien einer jeden unternehmerischen Wette: Relevanz, Resonanz, Akzeptanz

Effektivität und Effizienz: Zwischen Kontinuität und Transformation

Für Menschen und Organisationen geht es ständig um die Frage: machen wir das so weiter wie bisher oder müssen wir etwas verändern, um heute und morgen weiter erfolgreich zu sein? Spätestens wenn wir mit Überraschungen konfrontiert sind, fällt uns diese Frage vor die Füße.

Ein weltweiter Lockdown. Ein Mitarbeiter, der unerwartet kündigt. Einen für sicher gehaltenen Auftrag, der dann doch ins Wasser fällt. Ein plötzlicher Schadensfall, mit dem keiner rechnen konnte. Überraschungen lauern an jeder Ecke.

Es sind Ereignisse, die uns Grund zum Nach-denken geben, weil die Dienlichkeit bisheriger Konstanten zumindest für kurze Zeit in Frage gestellt wird.

Oft reicht es, das Bestehende zu optimieren und schrittweise zu verbessern, um den Umweltveränderungen gerecht zu werden. Dann lässt sich das Problem mit Wissen lösen. Wissen entspringt Menschen oder Maschinen.

Prinzipien, Werkzeuge und Methoden wie der PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check, Act), das Lean-Management oder Kaizen nutzen unter anderem die Macht der kleinen Schritte, um die Effizienz im Handeln zu erhöhen: ausgehend von dem, was bereits funktioniert, bemühen sich alle Beteiligten um die kontinuierliche Verbesserung der Wertschöpfung. Dabei geht es vor allem um die Frage: Was kann weggelassen, reduziert oder ignoriert werden.

Was aber, wenn mehr oder weniger vom Gleichen das Problem nicht löst, sondern sogar verstärkt? Was also, wenn die einzige Lösung darin besteht, etwas gänzlich anderes zu tun als bisher? – Dann braucht es neue Ideen. Ideen stammen immer von Menschen und können nicht durch Wissen ersetzt, wohl aber durch Wissen unterstützt und inspiriert werden.

Das Continuous-Improvement-Mindset trägt kann systematisch zur Erhöhung von Effizienz und Effektivität beitragen und somit einen wichtigen Beitrag zur gesunden Entwicklung der Organisation leisten. Gleichzeitig steht es neuen Ideen und damit Innovationen regelmäßig im Weg, wenn die Optimierung des Systems im Vordergrund steht und den Blick für gänzlich Neues versperrt.

In komplex-dynamischen Zeiten entscheidet die Güte dessen, was wir glauben zu wissen über Erfolg und Misserfolg. Die Anforderungen an die Robustheit unserer Theorien sind damit ebenso gestiegen wie die Anforderungen an unsere Lern- und Anpassungsfähigkeit. Das Reflektieren und Hinterfragen bestehender Relationen und Konstanten gewinnt an Bedeutung.

Transformation: Radikale Veränderung statt kontinuierliche Verbesserung

Wenn das Ziel darin besteht, unbekannte Optionen zu entdecken und neuartige Lösungen zu gestalten, hilft es sich der Unterscheidung zwischen Effizienz und Effektivität zu bedienen. Zunächst sollte nicht die Effizienz (”die Dinge richtig tun”), sondern vorrangig die Effektivität (”die richtigen Dinge tun”) in den Blick genommen werden.

Nur wenn wir uns zunächst von den Denk- und Verhaltensweisen lösen können, die nach unserem derzeitigen Wissen zum besten Ergebnis führen, können neue Ideen entstehen, wie das Ergebnis noch besser ausfallen könnte.

Beide Begriffe sind zwei Seiten einer Medaille und daher stets im Zusammenhang zu betrachten. Komplexität und Dynamik erfordern diesen Zusammenhang besser zu verstehen als zuvor, um nicht einem der typischen Muster zu verfallen:

  1. Manche Geschäftsinhaber denken zu lange darüber nach, was die richtigen Dinge sind. Sie sind überwältigt von der Komplexität der zu treffenden Entscheidungen und unterliegen dadurch der Dynamik ihres Umfelds. Die schwer zu beantwortende Frage nach der Effektivität treibt die Effizienz und damit wiederum die Effektivität gegen null. Das zeigt sich in verpassten Chancen, aufgeblasenen Risiken und mangelnder Umsetzung.
  2. Noch häufiger, insbesondere bei erfolgreichen Unternehmen, liegt das Augenmerk ausschließlich auf der Verbesserung der Effizienz. Sie lässt sich besser nachvollziehen und messen und wird daher meist bevorzugt behandelt. Entscheidungen werden unzureichend vor- und nachbereitet. Die langfristige Wirkung sowie Wechselwirkungen werden unzureichend berücksichtigt. In diesen Fällen verleitet die überfordernde Dynamik dazu, Komplexität zu reduzieren oder gar zu trivialisieren. Das zeigt sich in Aktionismus und in der Überbewertung von Technologien als einfache Lösung komplexer Probleme.

Die Dinge besser tun zu wollen, von denen man weiß, dass sie zum gewünschten Ergebnis führen, ist solange sinnvoll, wie man mit diesem Wissen richtig liegt. Um jedoch in komplex-dynamischen Zeiten wirksame Entscheidungen zu treffen, gilt es, die eigenen Theorien von "Gott, Mensch und der Welt" regelmäßig zu hinterfragen und zu erweitern. Nur dann besteht die Chance, dass die Ideen, die uns sinnvoll erscheinen von der Welt auch angenommen werden.

"Effectiveness is evaluated efficiency."
– Russel Ackoff

Besteht das Ziel darin, neue Freiheits- und Wirkungsgrade zu erschließen, müssen bisherige Konstanten radikal in Frage gestellt werden, während Bewährtes kontinuierliches optimiert wird. Dann ist nicht allein die Optimierung des Systems die Herausforderung, sondern auch die Überwindung dessen, was bisher für Erfolg gesorgt hat, dem zukünftigen Erfolg aber im Weg steht. Sonst, das hat die Vergangenheit ausreichend gezeigt, kann der andauernde Erfolg eines Unternehmens schnell zu seinem eigenen Verhängnis werden.

Entgegen der Optimierungsfrage lässt sich die Innovationsfrage nicht mit (neuem) Wissen, sondern nur mit (neuen) Ideen beantworten. Ideen stammen immer von Menschen, deren Talente in bestimmten Kontexten geweckt werden.

Ernst Weichselbaum schreibt in seinem Buch „In jedem Unternehmen steckt ein besseres“:

"Bei der Systemoptimierung bleiben die bisherigen Konstanten erhalten.
Systemüberwindung erkennt man am Wechsel von Konstanten – oder Konstantenwechsel."

Jede Entwicklung, jede Veränderung, jede Transformation erfordert auf Grund unserer natürlichen Stabilisierungsmechanismen und der selbsterhaltenden Kräfte der uns umgebenden Systeme ein erhebliches Maß an Energie. Die Systemüberwindung erfordert, Bedingungen zu verändern und Muster zu brechen, die bisher für Stabilität gesorgt haben. Damit einher geht immer ein Identitätswandel, für den wir über genügend Ressourcen verfügen müssen, um nicht der Angst vor der Ungewissheit zu unterliegen.

Die Angst vor der Ungewissheit: Die Barrieren der Transformation

Viele Unternehmen scheuen sich davor und versuchen Innovationen mit Wissen hervorzubringen. Andere verzichten gleich ganz darauf, neuartigen Nutzen für Kunden, Mitarbeiter, Partner und die Gesellschaft zu schaffen. Sie widmen sich nur der Optimierung und Erhaltung des Bestehenden.

Das birgt die Gefahr, dass schwache aber bedeutende Signale verpasst werden und erforderliche Anpassungen nicht erfolgen können. Unter Umständen geht ihnen so die Akzeptanz, die Relevanz oder die Resonanz ihrer Leistungen am Markt verloren.

Die Angst vor der Ungewissheit und das fehlende Bewusstsein für die Risiken und Chancen der (digitalen) Transformation steht der gesunden Entwicklung vieler Unternehmen im Weg.

Aber auch die Überforderung im Umgang mit digitalen Möglichkeiten und der hohen Dynamik unserer Zeit, führen entweder zu Aktionismus oder Resignation.

In vielen Fällen sind es die operative Hektik und der Erfolg von gestern, die einer Transformation im Weg stehen.

Die kontinuierliche Arbeit am System als Schlüssel zur Transformation

Einerseits ist es in Zeiten großer Ungewissheit sicherlich keine dumme Idee, das was sich als wirkungsvoll bewährt hat, weiter und bestenfalls besser zu machen. Andererseits verhindert ein zu starker Fokus auf die Optimierung des Bewährten, dass sich neue Perspektiven und Chancen eröffnen können.

Wie so oft braucht es beides: die kontinuierliche Verbesserung dessen, was bereits Wirkung erzeugt sowie das kontinuierliche in Frage stellen der Wirksamkeit bisheriger und zukünftiger Entscheidungen. The Genius of the AND.

Bei vielen Unternehmen ist dazu ein Paradigmenwechsel notwendig, der nicht nur mit der Überprüfung des Geschäfts- und Organisationsmodells, sondern auch mit der Überprüfung des Menschenbilds verknüpft ist. Entscheidend ist dabei vor allem die Überwindung der immer noch weit verbreiteten Idee des 'homo oeconomicus'.

Damit einher gehen Identitätsfragen, die mit Blick auf die Dynamiken im Innen wie im Außen (neu) beantwortet werden müssen. Jeder Paradigmenwechsel ist daher sowohl auf resiliente Individuen als auch auf dynamikrobuste Systeme angewiesen.

Die angeborenen aber meist verlernten Fähigkeiten, mit Komplexität wertschöpfend umzugehen und Dynamik zu erzeugen, gilt es durch individuelles und kollektives Lernen zu fördern. Dabei hängen die psychologische und die soziologische Perspektive direkt miteinander zusammen: es geht um das Wechselspiel zwischen innerpsychischen Spannungen und dem sozialen Zusammenleben. Beide Systeme, das psychische und das soziale, sind füreinander Umwelten und beeinflussen sich gegenseitig. Das genaue Zusammenspiel individueller und kollektiver Dynamiken gilt es daher differenziert zu betrachten, um Veränderung in seinem Wesen zu verstehen und in sinnvolle Bahnen zu lenken.

Eine Organisation kann die Qualität seiner Entwicklung nicht selbst bewerten. Sie ist darauf angewiesen, dass die Mitglieder ihre Bewertung in die Kommunikation einführen. Das gemeinsame Reflektieren und Entscheiden zur Gestaltung und Weiterentwicklung der Organisation ist daher von großer Bedeutung. Eine externe Perspektive von außen kann dabei helfen, Klarheit zu schaffen. Blinde Flecken können besser erkannt, neue Relationen schneller erarbeitet und hindernde Blockaden gelöst werden.

A bad system will beat a good person every time.
– W. Edwards Demming

Das Zitat deutet darauf hin, was der nächste Artikel dieser Reihe genauer beleuchten wird: die Arbeit am System muss zur strategischen Überzeugung werden, um zunehmende Komplexität und Dynamik wertschöpfend nutzen zu können.

Literaturverzeichnis

[1] Klaus Eidenschink, Entscheidungen ohne Grund – Organisationen verstehen und beraten: Eine Metatheorie der Veränderung (2021)

[2] Gerhard Wohland, Denkwerkzeuge der Höchstleister: Warum dynamikrobuste Unternehmen Marktdruck erzeugen (2007)

[3] Niels Pflaeging & Silke Hermann, Zellstrukturdesign: Eine neue Sozialtechnologie, die unternehmerischer Wertschöpfung Flügel verleiht (2020)

[4] Ernst Weichselbaum, In jedem Unternehmen steckt ein besseres (2020)

Wie wir Dich auf dem Weg vom Qualitätsdienstleister
zur einzigartigen Marke unterstützen können:
  1. Business & Brand Discovery: Wir schaffen Klarheit im Innen und im Außen. Aus einem geteilten Verständnis von Wertschöpfung und Dynamik erwachsen neue Möglichkeiten, um miteinander zu lernen und zu leisten.
  2. Business & Brand Strategy: Um die richtigen Menschen für die Marke zu gewinnen und die Zukunftsfähigkeit des Geschäfts zu sichern, sorgen wir für unverwechselbare Angebote, kundenzentrierte Wertschöpfung und effektive Vermarktung.
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Peter Busse

Hallo, mein Name ist Peter Busse und ich begleite Geschäftsinhaber und ihre Team auf dem Weg vom professionellen Dienstleister zur einzigartigen Marke. Auf Basis kundenzentrierter und identitätsstiftender Strategien fördern wir die Lern- und Leistungsfähigkeit inhabergeführter Unternehmen. Wir eröffnen neue Freiheits- und Wirkungsgrade bei der Wertschöpfung und sorgen dafür, dass Qualitätsdienstleister für das gesehen und erinnert werden, was sie wirklich auszeichnet.

Seit ich denken kann, beschäftigt mich die Frage was exzellente Dienstleistung bedeutet. Seit etwa 5 Jahren bin ich als lernender Berater in strategischen und gestalterischen Kontexten unterwegs, um Antworten auf relevante Fragen zu finden. Dabei widme ich mich der übergreifenden Frage, wie eine gesunde Entwicklung von Mensch, Marke und Organisation wirksam befördert werden kann.

Ich bringe ein breites Verständnis verschiedener Themenfelder mit, um mit Empathie und Weitsicht Ergebnisse für unsere Kunden zu erzielen. Erst die Kombination aus Wissensbreite und Wissenstiefe erlaubt es uns, komplexe Zusammenhänge zu durchdringen, um strategisch und gestalterisch wirksame Entscheidungen mit und für unsere Mitarbeiter, Kunden und Partner zu treffen.

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