Die Marke ist nicht bloß das Image, sondern entsteht aus der gelebten Identität heraus in den Köpfen (und Herzen) der Menschen, die mit ihr in Berührung kommen. Im Unterschied zu früher, haben Kunden und Mitarbeiter heute Zugang zu einer Unmenge an Informationen, Meinungen und Alternativen. Gleichzeitig können Unternehmen in Erfahrung bringen, was die Kunden bewegt und wie sie die Marke einordnen und bewerten. Die Transparenz und die Anzahl an Handlungsmöglichkeiten sind im Vergleich zu früher deutlich erhöht. Klarheit und Orientierung hingegen scheinen stark eingeschränkt zu sein. Daraus ergeben sich Herausforderungen, durch die die Bedeutung von Marken weiter steigt.
Lern- und Anpassungsfähigkeit als zentraler Erfolgsfaktor für den Wandel unserer Zeit
An vielen Stellen lässt sich beobachten: Gesellschaft und Wirtschaft befinden sich in einem globalen Umbruch, der jeden einzelnen Menschen, jede Organisation und jeden anderen Organismus auf diesem Planeten in unterschiedlichem Ausmaß betrifft. Ohne das dieses Ausmaß klar oder abschätzbar wäre.
Die stark wachsende Komplexität und Dynamik unserer Zeit erfordert daher einen hohen Grad der Lern- und Anpassungsfähigkeit auf individueller und kollektiver Ebene. Viele der bisherigen Bewältigungsstrategien und Erfolgsrezepte haben, wie wir zunehmend um uns herum sehen können, ausgedient. Krisen und Konflikte sind Symptome, die uns darauf hinweisen, bisherige Lösungsansätze zu überdenken und fixe Annahmen zu hinterfragen.
Die Produktivität kann durch die Basisinnovation “IT” und die dadurch möglich gewordene Vernetzung, auf der der Großteil der Wohlstandszuwächse der letzten Dekaden beruhen, nicht ins Unermessliche gesteigert werden. Im Laufe der letzten 80 Jahre konnten auf dieser Basis beachtliche Fortschritte erzielt und wertvolle Innovationen hervorgebracht werden. Gleichzeitig sind die Nebenwirkungen einer zunehmend globalisierten und digitalisierten (= vernetzten) Welt in den letzten Jahren immer offensichtlicher geworden:
- Während sich die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland seit 1870 mehr als verdoppelt hat, lässt sich aus ganzheitlicher Perspektive betrachtet sagen: um die Gesundheit in der westlichen Welt könnte es sehr viel besser stehen. Sowohl die körperliche als auch die mentale und soziale Gesundheit vieler Menschen leidet unter systemischen Mängeln und fehlender Selbstverantwortung.
- Weil Wandel Bewusstsein schafft, spätestens wenn die persönliche Gesundheit darunter leidet, fällt vielen Menschen zunehmend auf: mir fehlt der Sinn bei dem Zweck, dem ich diene. Ohne einen Sinn wird es jedoch auf Dauer schwer fallen, ambitionierte Ziele zu erreichen. Zumindest ohne auf dem Weg die Motivation zu verlieren oder die eigene Gesundheit einzubüßen.
- Nicht nur leidet die individuelle Gesundheit unter fehlendem Sinn und mangelnder Motivation. Auch die kollektive Gesundheit in Sinne der gelebten Kultur und des Miteinanders zeigen, wie weit wir von elementaren Werten abgekommen sind und welche Konsequenzen dies nach sich zieht. Tragende Säulen unserer Gesellschaft wie insbesondere Familie, Ehe, Religion und der Staat erodieren und wandeln sich unter der extremen Dynamik, Vernetzung und Technokratisierung.
Die zunehmende Komplexität erfordert einen ganzheitlichen und integrativen Blick, der die Wechselwirkungen zwischen Systemen und Individuen berücksichtigt. Erst wenn wir verstehen, wie sich die Dinge gegenseitig beeinflussen, können wir die wirklichen Engpässe und Potenziale erkennen. Für diese Zusammenhänge gibt es keinen Bauplan zum Download, man muss sie sich selbst erschließen.
Die sich im Wandel befindenden Kräfteverhältnisse der Weltwirtschaft, die Folgen der Kommunikationsrevolution und die veränderten Konsumentenbedürfnisse erzeugen ein komplex-dynamisches Umfeld, in dem Marken als Vertrauensanker, Sinnstifter und Orientierungshilfe eine besondere Bedeutung zukommt.
Marken als Vertrauensanker in dynamisch-komplexen Umfeldern
Konstruierte Marken, die nur auf ihr äußeres Erscheinungsbild bedacht sind und mit platten Attitüden ihre Zielgruppe beschallern, haben lange ausgedient. Eine Marke ist nicht nur die Markierung von Produkten und Dienstleistungen im Außen. Die Marke ist auch die treibende Kraft, welche die Organisation im innersten zusammenhält und so mit passenden Menschen im Außen zusammenbringt.
Der fast unlimitierte Zugang zu Informationen und die Vielzahl an vergleichbaren Alternativen sorgen heute dafür, dass die Verhandlungsmacht fast vollständig vom Unternehmen zum Konsumenten übergegangen ist. Kunden, Mitarbeiter und andere Stakeholder bekommen darüberhinaus Zugang zur Marke und gestalten diese aktiv mit.
Das bedeutet, dass Kunden heute nichts daran hindert, sich für eine Alternative zu entscheiden, wenn sie deine Marke entweder gar nicht kennen, sie nicht leicht genug zugänglich ist oder ein vielversprechenderes Angebot zur Auswahl steht. Heutzutage sind wir umgeben von so vielen Marken und deren Kommunikation(sversuchen), dass klar sein sollte: nur wenige Marken schaffen es langfristig in unser Gedächtnis und noch weniger schaffen es in unsere Herzen.
Das Rauschen ist größer denn je. Konsumenten fällt es deutlich schwerer, sich zu orientieren, während Unternehmen Schwierigkeiten haben sich zu differenzieren. Das Signal kann dem Rauschen oft nicht entnommen werden. Und jeden Tag kommen hunderte Personen- und Firmenmarken, Social Media Accounts und Webseiten dazu, die alle die Aufmerksamkeit zahlender Kunden und produktiver Mitarbeiter ergattern wollen.
Gesellschaftlicher Wandel bedeutet immer auch, dass sich menschliche Bedürfnisse und Verhaltensweisen verändern. Mit diesen wandelnden Bedürfnissen diverser Anspruchsgruppen haben Unternehmen heute schwer zu kämpfen. Insbesondere wenn beim Thema Marke bislang nur ans Image gedacht wird und Kunden und Mitarbeiter noch immer als Mittel zum Zweck gesehen werden, wird es schwierig, Schritt zu halten und sich als beste Alternative durchzusetzen. Nicht nur haben wir als Konsumenten oder potenzielle Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine bessere Alternative zu wählen. Wir haben mit der Zeit auch bessere Wahrnehmungsfilter entwickelt, die uns dabei helfen Irrelevantes auszublenden.
Marken helfen uns im Jungle der Möglichkeiten zurecht zu finden. Sie dienen als Anker in unserem Kopf, an den wir verschiedene Assoziationen und Bewertungen anknüpfen, um schneller bessere Entscheidungen treffen zu können. Das was bekannt ist, ist vertraut. Marken sind also Vertrauensanker, weil wir mit ihnen gewisse Aspekte verknüpfen, die uns wichtig sind und auf die wir uns (hoffentlich) verlassen können.
Bei der Bildung einer Marke geht es im Kern folglich darum, welche Erwartungen durch die Kommunikation erzeugt und wie verlässlich diese tatsächlich über einen längeren Zeitraum erfüllt werden.
Marken als Antwort auf die kollektive Sinneskrise
Mehr ist nicht gleich besser, Geiz ist nicht geil und der Zweck heiligt nicht die Mittel. Denn dann geht der Sinn langsam aber ganz sicher verloren. Das scheinen zumindest einige Menschen und Organisationen zu erkennen und zu hinterfragen. Nichtsdestotrotz lässt sich behaupten: Wir stecken in einer Sinneskrise, die sich auf individueller, kultureller und wirtschaftlicher Ebene beobachten lässt und die nicht zuletzt angetrieben wird von zu vielen (falschen) Informationen und Optionen.
Ob beim Konsumenten oder bei den Mitarbeitern, der Ruf nach mehr Sinn ist nicht zur verkennen. Nicht nur die Gewinnung von Neukunden, sondern auch die von Mitarbeitern und Partnern steht und fällt daher mit dem Blick nach Innen. Es geht darum, was Menschen wirklich wichtig ist. Es geht um Fragen wie:
- Welche persönlichen Identitäten sind an der Organisation beteiligt und welche gemeinsame Identität ergibt sich daraus?
- Wo kommen wir her und wer sind wir?
- Auf welchen Stärken und Ressourcen können wir aufbauen?
- Welche Werte sind uns und unseren Kunden wichtig?
- Wie ist unsere Identität mit den Bedürfnissen unserer Kunden verknüpft und mit welchem Werteversprechen können wir heute und morgen den größten Nutzen stiften?
Erst wenn die Antworten auf diese Fragen für alle Beteiligten klar sind, können sie von jedem konsequent gelebt werden. Und erst dann kann eine echte Resonanz zwischen Mensch und Marke entstehen. Fehlt die Resonanz im Inneren der Organisation, so wird sich dies im Verhalten und in der Kommunikation nach außen widerspiegeln und die Resonanz im Außen bleibt folglich aus. Dann geht jeder Kommunikationsversuch klaglos im Rauschen unter.
Das beginnt häufig damit, dass Marke als Einzelprojekt oder Marketingmaßnahme verstanden wird, das sich einkaufen und dann erstmal abhaken lässt. Die Wichtigkeit, Marke als intrinsichen Prozess zu sehen, den es aktiv zu führen gilt, ist vielen noch immer nicht bewusst. Nicht das neue Logo, die Hochglanzbroschüre oder die Social Media Kampagne und auch nicht die neue Website entscheiden über den Erfolg der Marke. Vielmehr ist es die innere Haltung die jeder einzelne und in Folge die gesamte Organisation tagtäglich auslebt, die darüber entscheidet, ob die Marke wahrgenommen und wertgeschätzt wird. Die Marke zu führen bedeutet daher, diese Werte mit einem strategischen Blick für Kunden, Mitarbeiter und Partner bewusst und für alle Sinne erlebbar zu machen.
Werte kann man nicht greifen und lassen sich nur schwierig quantifizieren. Daher tun sich viele Unternehmer schwer, den Wert von Marken über dessen Image hinaus zu erkennen. Nichtsdestotrotz ist die Marke die Basis auf der der Geschäftserfolg der Zukunft beruht. Gerade weil die Notwendigkeit, Qualität sichtbar zu machen und Bedarf bei seinen Wunschkunden zu wecken noch nicht von allen Unternehmen erkannt wird, verbergen sich hier enorme Potenziale für den eigenen Geschäftserfolg.
Erkennst Du als Unternehmensinhaber den Wert gelebter Werte und gelingt es dir, alle Beteiligten Teil der Identität werden zu lassen, so werden Konsistenz und Kohärenz im Verhalten und in der Kommunikation sichtbar. Nur so können trotz des Lärms im digitalen und analogen Raum die richtigen Menschen erreicht und gewonnen werden. Dann besteht die Chance, dass sich die Qualität der Angebote als Marke in den Köpfen und Herzen dieser Menschen verankert und auch bei der nächsten Gelegenheit als beste Option gesehen wird.
Do something worth remembering.
– Elvis Presley